Das Kettenkarussell oder auch Kettenflieger genannt, ist eigentlich die einfachste Karussellkonstruktion und etwa um 1900 entstanden. Sein besonderer Reiz liegt neben der erheblichen Höhe und dem großen Fahrkreis natürlich in der schnellen Fluggeschwindigkeit. Durch die Fliehkraft wird der mutige Passagier in luftige Höhen geschleudert. Früher wurde noch vom Personal während der Fahrt an den Sitzen gezogen, damit die zumeist weiblichen Passagiere dann schwungvoll in die Höhe schleuderten. Diese Praxis, in Deutschland längstens untersagt, wird aber in den Niederlanden noch heute gerne praktiziert und ist unter dem Namen "Zweefmolen" bekannt. Dort kann sich ein verliebtes Pärchen auch in Doppelsitzen schleudern lassen. Bei der Jugend war natürlich das "Kettendrehen" sehr beliebt. Dabei wurden die Sitze solange gedreht, bis sie sich während der Fahrt schwungvoll auseinanderdrehten. Auch dies ist leider heute strengstens verboten.
Mit der Entstehung der Luftschifffahrt und den ersten erfolgreichen Motorflügen der Gebrüder Wright in Amerika, wurde das Thema Luftfahrt immer mehr in der Konstruktion neuer "Fliegerkarussells" umgesetzt. Dort wurden zunächst Nachbildungen der Luftschiffe anstatt der Kettensitze aufgehängt, unter denen die Fahrgäste in Gondeln sitzen konnten. Neben der bekannten Karussellfabrikation von Fritz Bothmann in Gotha, präsentierte der Konstrukteur Josef Hübner, dessen Leidenschaft die Fliegerei war in seiner, in Neustadt an der Orla ansässigen Karussellfabrik ab 1911 die sogenannten "Aeroplan-Karussells". Die Gondeln waren Nachbildungen der damaligen bekannten Flugapparate. Diese riesenhaften Fliegerkarussells hatten eine Höhe von 12 Metern, 12 Meter Durchmesser und einen Ausschwung von 20 Metern und konnten 80-90 Personen transportieren. Die Flügel der Flugapparate standen im Ruhestand nach oben und klappten durch einen pfiffigen Mechanismus, den sich die renommierte Karussellfabrik Friedrich Heyn im Jahre 1920 patentieren ließ, im Fluge nach unten. Doch diese schwerfälligen Karussells waren selbst für damalige Verhältnisse wirtschaftlich nicht sinnvoll und schließlich setzte sich das klassische Kettenkarussell mit Einzelsitzen durch.
Wir freuen uns sehr, dass sich gleich mehrere Varianten der klassischen "Kettenflieger" in den Beständen unserer Mitglieder befinden. Der imposante Gundelwein-Kettenflieger aus dem Jahre 1919 feierte 2019 auf dem Oktoberfest in München sein 100ten Geburtstag. Unser Ehrenmitglied und Besitzer Hans Kalb dürfte dort auch sein 50tes Wiesnjubiläum feiern!
Der Kettenflieger von Ludwig Deinert aus Hagen ist Stammgast auf unserem Historischen Jahrmarkt in der Jahrhunderthalle in Bochum und wurde Ende der 1940er Jahre gebaut.
Eines der letzten "Schwanenflieger" Exemplare besitzt die Familie Günther Hornig aus Dortmund. Dieses große Exemplare ist schon seit über 70 Jahren im Familienbesitz und ist regelmäßig auf dem Historischen Jahrmarkt "Once Upon a Time" auf der Zeche Zollern und auf dem Hansemarkt in Dortmund zu bestaunen.
Die Familie Hans Kalb und Söhne betreibt diesen wunderschönen Kettenflieger bereits in der 3. und 4. Generation. Er wurde 1919 in der Berliner Firma Gundelwein und Fischer für den Urgroßvater Karl Johann Kalb gebaut. Die klassischen Malereien mit Landschaftsmotiven und Frauenabbildungen wurde von dem bekannten Schaustellermaler Konrad Ochs ausgeführt und befindet sich noch immer im Originalzustand.
Der Kettenflieger bereist viele bayerische Plätze und ist eines der nostalgischen Höhepunkte auf dem Münchener Oktoberfest!
Seit 2011 befindet er sich auf der Oidn Wiesn in München und ansonsten in der Schaustellerstraße / Ecke Straße 2 Ost
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